Wer die Farbmausgenetik verstehen möchte muss die Mendelschen Regeln verinnerlichen. Sie sind nicht besonders komplex und kann man sich mit den meisten Schul-Biologie-Büchern aneignen oder auf
diversen Seiten im WWW. Hier zB. der Wikipediaartikel:
http://de.wikipedia.org/wiki/Mendelsche_Regeln
Bei der Farbmaus ist es wie bei allen Säugetieren: Ihr Körper besteht aus einzelnen Zellen. In jeder dieser Zellen ist das Erbmaterial enthalten, in denen alle Informationen zu Aufbau und Funktion einer Farbmaus enthalten sind.
In den Zellen enthalten sind die Chromosomen. Vorsichtshalber hat die Natur es so eingerichtet, dass diese Chromosomen in Körperzellen doppelt vorhanden sind.
In den Chromosomen ist die Erbinformation in Form von DNA enthalten. Diese DNA kann in Abschnitte unterteilt werden, die ein Merkmal der Maus beschreiben. Die sogenannten
Gene. Man kann sich ein Chromosom also in etwa wie ein Bücherregal vorstellen, in dem viele Bücher (Gene) zu unterschiedlichen Themen (Zähne, Fell, Augenfarbe, Verhalten, ...)
abgelegt sind und bei Bedarf herausgenommen werden und gelesen werden können.
Von jedem Gen/Chromosom (also einen Satz Erbinformationen) bekommt eine Maus einen einfachen Satz von der Mutter vererbt und eines vom Vater. So ist am Schluss die Information
doppelt in jeder Zelle der Maus enthalten: Einmal der Informationssatz der Mutter und einmal der Informationssatz des Vaters. Um in unserem Bild zu bleiben: Jede Maus hat also zwei
komplette Bücheregale: Eines von der Mutter mit allen Informationen zum Aufbau einer Maus und eines vom Vater mit dem gleichem Inhalt.
Nun gibt es ein recht breites Spektrum, wie diese Informationen variieren können. So können die Gene der Mutter zB. eine andere Fellfarbe codieren, als die des Vaters. Man spricht von
Mutationen. In unserem Regal stellen wir uns je ein Buch für die Fellfarbe vor. Nehmen wir es heraus, steht in dem einem, dass das Fell vor allem rot sein soll. Ziehen wir das
Buch der Fellfarbe dagegen aus dem Regal, dass die Maus vom Vater erhalten hat steht dort dagegen dass das Fell genau so viel Rot wie Schwarz enthalten soll.
Diese Mutationen befinden sich also auf einer bestimmten Stelle im Genom/der DNA. Man spricht man von einem Locus (Mehrzahl Loci). Der Gencode, den wir für unsere Mäuse besitzen führt für jeden bekannten Locus eine Abkürzung. Für die Stelle im Genom, wo die Eigenschaften der Farbe "Blue" maßgeblich beschrieben werden ist das zum Beispiel der Buchstabe "D".
Auf einem Locus können verschiedene Mutationen beheimatet sein. So liegt auf dem Locus für Agouti vs. Black auch noch die
Mutation, die ua. für Tan verantwortlich ist. Je nachdem wie sie sich zu einander
Verhalten und was für Eigenschaften sie besitzen, werden sie mit einem großem Buchstaben, einem kleingeschriebenen Buchstaben oder einem zusätzlichem Atribut in Klammern/Hochgestellt
bezeichnet.
Es gibt verschiedene Arten der Vererbung, die auch bei Farbmäusen gültig sind:
Aus Gründen der Übersicht betrachten wir für unser Beispiel einen Reduzierten Gencode und nehmen bei allen anderen Loci eine Ausstattung mit Agoutiformen/unmutierten Formen an.
Wir stellen uns also unsere ganz normale, Maus in der Wildform vor. Sie hat die Farbe Golden Agouti. Wir betrachten für dieses erste Beispiel aus Gründen der Einfachkeit ersteinmal nur den
A-Locus. Wir kennen bei der Maus ihre Abstammung und wissen deswegen, dass sie sowohl von Mutter, als auch von Vater die
Variante/Mutation Agouti des A-Locus erhalten hat.
Ihr Gencode ist somit auf dem A-Locus: AA , trägt eine Maus auf einem Locus zwei gleiche Mutationen ist sie reinerbig auf dieses Merkmal.
Verpaart werden soll sie mit einer Maus in Black. Black wird durch die Mutation Nonagouti verursacht. Mäuse, die Black sind (ohne Tan oder Extreme Black) haben auf dem A-Locus immer die Ausstattung aa . Sie haben also sowohl von Mutter, als auch vom Vater "das kleine a" bekommen, dass für Black kodiert.
Zeichnen wir jetzt die beiden Gencodes für die Eltern der Verpaarung auf:
Nun stellt man sich vor, was bei der Vererbung an die Nachkommen passiert: Jedes Mäusebaby erhält eine Variante von A von der Mutter und eine vom Vater. Wir trennen jetzt also im Kopf, die Genetische Ausstattung der Mutter auf und erhalten zwei Möglichkeiten, was sie vererbt: A oder das andere A
Der Vater vererbt: a oder das andere a
Das kann man recht übersichtlich in einer Tabelle gestallten:
Vater\Mutter | A | A |
a | ||
a |
In den nun freien Kästchen kann man bequem jede vererbungsmöglichkeit des Vaters mit jeder der Mutter kombinieren. Die erhaltenen Kombinationen geben die (statistische) Häufigkeit und die zu erwartenen Kombinationen der Mutationen und so die möglichen Farben an:
Vater\Mutter | A | A |
a | Aa | Aa |
a | Aa | Aa |
In unserem Beispiel sind alle möglichen Kombinationen gleich: Aa . 100% der Mäuse aus diesem Wurf werden also die Farbeentsprechen der Genetischen Ausstattung Aa erhalten. Kommen keine weiteren Mutationen auf einem anderem Locus hinzu (siehe weiter Unten) sind sie alle Babys dieses Wurfes: Golden Agouti. Aber warum?
Groß geschriebene Buchstaben codieren sogenannte dominante Mutationen. Dominante Mutationen überdecken "kleingeschriebene" Mutationen komplett. Ist ein Tier spalterbig auf eine
dominante Mutation (hier A) und eine unterlegene (hier a) - auch als
rezessiv bezeichnete - Mutation so prägt sich nur die dominante Mutation aus. In unserem Fall Golden Agouti.
Dies ist übertragbar auf alle anderen Loci und alle weiteren Mutationen.
Nun möchten wir mit den erhaltenen Babys aus unserem Wurf oben weiter züchten. Und nehmen dazu ein Weibchen aus dem Wurf und verpaaren es mit dem
Vater.
Wir haben also bei dieser Verpaarung folgende Genetische Ausstattungen:
Das Tragen wir nun in unsere Tabelle ein:
Vater\Mutter | A | a |
a | ||
a |
und füllen sie wie oben für alle möglichen Kombinationen der Nachzuchten aus:
Vater\Mutter | A | a |
a | Aa | aa |
a | Aa | aa |
Dieses mal erhalten wir statistisch gesehen 1/2 des Wurfes mit der Genetischen Ausstattung "Aa" und 1/2 Wurf mit der Genetischen Ausstattung "aa". Theoretisch können in dem Wurf also Mäuse in Black und in Golden Agouti erwartet werden, den bei Mäusen, die keine dominante Mutation für den Locus erhalten setzt sich die rezessive Variante durch und wird ausgeprägt.
Die meisten Farben, die wir bei Mäusen züchten und kennen sind aber Kombinationen aus verschiedenen Mutationen auf unterschiedlichen Loci. Hier möchte ich das kurz am Beispiel von Blue zeigen:
Blue hat den Gencode:
aa B- C- dd E- P-
Ist also auf den Loci B, C, E und P unbesetzt. Deswegen lassen wir die der Übersicht halber einmal weg und schauen uns nur den A-Locus und den D-Locus an, auf dem Blue tatsächlich Mutationen trägt:
aa dd
Wer bei dem obigen Beispiel aufgepasst hat, dem fällt auf, dass Blue quasi aus Black bestehen und noch zusätzlich eine Beteiligung des für das Grau verantwortlichem Dilutions-Locus haben.
Nun aber ein paar Beispiele mit Blue:
1. Verpaarung zwischen Blue und Black, wobei die Black-Maus nicht Blueträger ist:
Wir können also den Gencode aa dd für die Blue Mutter annehmen und den Gencode aa DD für den Vater.
Nun einmal Überlegungen anstellen, wie der einfache Satz an Erbinformation aussehen kann, den die Blue Mutter vererbt:
Auf dem A-Locus das eine "a" oder das andere "a", auf dem D-Locus das eine "d" oder das andere "d"
Und der Black Vater:
Auf dem A-Locus das eine "a" oder das andere "a", auf dem D-Locus das eine "D" oder das andere "D"
Das Tragen wir nun in unsere Tabelle ein, die nun etwas größer wird. Da es vier verschiedene Möglichkeiten der Kombination bei jedem Elternteil gibt:
Vater\Mutter | a d | a d | a d | a d |
a D | ||||
a D | ||||
a D | ||||
a D |
Füllen wir die Tabelle nun für die Nachzuchten aus, erhalten wir folgendes Ergebnis:
Vater\Mutter | a d | a d | a d | a d |
a D | aa Dd | aa Dd | aa Dd | aa Dd |
a D | aa Dd | aa Dd | aa Dd | aa Dd |
a D | aa Dd | aa Dd | aa Dd | aa Dd |
a D | aa Dd | aa Dd | aa Dd | aa Dd |
Alle Nachzuchten aus diesem Wurf werden also den Gencode aa Dd tragen und damit Black sein und blau verdeckt tragen und entsprechend auch weitervererben.
2. Verpaarung zwischen Blue und Black Blueträger:
Den Gencode für Blue und die Vererbung haben wir oben ja bereits erarbeitet. Legen wir den Schwerpunkt bei den Überlegungen also dieses mal auf den Black Vater: Sein Gencode ist in diesem Fall aa Dd.
Er vererbt an seine Babys also jeweils das eine "a" oder das andere "a" und gleichzeitig das "d" oder das "D". So wird das nun in die Tabelle eingetragen:
Vater\Mutter | a d | a d | a d | a d |
a D | aa Dd | aa Dd | aa Dd | aa Dd |
a d | aa dd | aa dd | aa dd | aa dd |
a D | aa Dd | aa Dd | aa Dd | aa Dd |
a d | aa dd | aa dd | aa dd | aa dd |
Zählen wir jetzt bei allen möglichen Kombinationen zusammen, kommen wir auf 50% der Nachzuchten mit dem Gencode für Blue (aa dd) und 50% mit dem Gencode für Black, die aber Blueträger sind (aa Dd).
3. Verpaarung von Golden Agouti und Golden Agouti, beide Elterntiere tragen Black/Nonagouti und Blue/Dilute:
Nun nehmen wir in unserem letzten Beispiel für den einfachen dominant/rezessiven-Erbgang an, dass wir zwei Golden Agouti miteinander verpaaren. Beide Tragen sowohl Nonagouti, als auch die Dilutemutation und haben damit folgenden, verkürzten, Gencode:
Aa Dd
Sie vererben an ihre Nachkommen also vom A-Locus entweder das "A" oder das "a" und auf dem D-Locus entweder das "D" oder das "d".
Vater\Mutter | a D | a d | A d | A D |
a D | aa DD | aa Dd | Aa Dd | Aa DD |
a d | aa Dd | aa dd | Aa dd | Aa Dd |
A d | Aa Dd | Aa dd | AA dd | AA Dd |
A D | Aa DD | Aa Dd | AA Dd | AA DD |
Trägt man das in unsere Tabelle ein erhält man folgende Phenotypen mit den dazugehörigen Wahrscheinlichkeiten:
Außerdem gibt es dominante Gene, die - liegen sie reinerbig vor - eine sogenannte Superform erzeugen. Sie sind also eigentlich unvollständig dominant. Echte Dominanz sehen wir bei der Maus zB. bei Brindle (A(vy)): Der Phenotyp ist bei Spalterbigen und bei reinerbigen identisch.
Unvollständig dominante ist beispielsweise Banded erzeugt durch Sash: Liegt es reinerbig vor (W(sh)W(sh)) erzeugt es komplett weiße Mäuse. Liegt es spalterbig (W(sh)w) vor erzeugt es typische Mäuse mit weißem Bauchband.
Neben dominanten und rezessiven Erbgängen existieren noch codominante und intermediäre Erbgänge.
Beide sind Mischformen zwischen rezessiven und dominanten Erbgang. Keine Mutation dominiert hierbei eindeutig die andere. Es kommt in beiden Fällen zu einer Mischform in der
Ausprägung.
Ein gutes Beispiel für einen intermediären Erbgang ist der C-Locus der Maus. schaut man sich dort die Mutationen Albino und Beige an sieht man, dass es bei einer gleichzeitigen Vorhandensein von
Albino auf dem einem Locus ("c") und Beige auf dem zweitem Locus ("c(e)"). Dann prägen sich beide Eigenschaften in einer Mischform aus: Bone.
Codominant ist zufällig über die Maus verteilt mal die Ausprägung der einen Mutation, mal der anderen. Aus der Hobbyzucht ist diese Form der Vererbung nicht bekannt.